Länderbericht: Südafrika

 

Die Situation in Südafrika heute besteht darin, dass die Volksmassen in fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen ständig einer äußerst starrsinnigen Regierung gegenüberstehen. Seit dem Anfang des neuen parlamentarischen Systems hat der Imperialismus Druck darauf ausgeübt, um die Durchführung der Strukturanpassungsprogramme, der WHO-Diktate, der Lean Production zu beschleunigen, was auf der Ebene von Regierung und Staat nicht nur allgemein den Abbau von Sozialausgaben einschließt, sondern auch im großen Maßstab Abbau von Arbeitern im öffentlichen Dienst und anderer Beschäftigter.

 

Die Mbeki-Regierung hat 1999 die Parlamentswahlen gewonnen mit dem Programm: “schnell Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen.” Es wurde behauptet, dass die Mandela-Regierung (die natürlich von demselben Mbeki  geleitet wurde) die gesetzlichen und sonstigen Grundlagen gelegt habe, damit qualitative Verbesserungen des Lebens der Massen vorankommen. Und jetzt würde Mbeki nur noch beschleunigen, dass Häuser, sauberes Wasser, Elektrizität, Arbeitsplätze, Schulbildung etc. zur Verfügung gestellt werden.

 

Aber Mbeki hatte bereits vor diesen Wahlen den Imperialisten versprochen, dass man sich um die angeblich “zu starren” südafrikanischen Arbeitsgesetze in Richtung von mehr Flexibilisierung kümmern würde.

 

Nach den Wahlen hat die Mbeki-Regierung keine Zeit mit der Flexibilisierung der südafrikanischen Arbeit verloren. In das Arbeitsrecht wurden neue Paragraphen zum Nachteil der Arbeiter aufgenommen, die den Lohnanspruch bei Überstunden und Sonntagsarbeit betreffen. Statt des doppelten Lohnes für Sonntagsarbeit wollte die Regierung einführen, dass Sonntag zu einem Lohn wie an einem Regelarbeitstag gearbeitet wird, das gleiche gilt für den bisherigen anderthalbfachen Lohn für Arbeit an einem Samstag. Das hat sogar die Gewerkschaftsverbände des National Education and Labor Council (NEDLAC; Nationaler Rat für Erziehung und Arbeit) aufgebracht.

 

Zusätzlich zu den bereits existierenden sog. Sonderwirtschaftszonen werden neue Gebiete erschlossen, wo gewerkschaftliche Rechte verboten sind, wo es willkürliches Heuern und Feuern von Arbeitern gibt und die Unternehmer selbstherrlich nur von ihnen selber festgelegte Löhne bezahlen.

 

Die Regierung hat dieses Jahr angekündigt, die Privatisierung von "Staats"-eigentum zu beschleunigen, sehr zum Verdruss des politischen Bündnispartners der Regierung, COSATU, der dagegen mobilisiert hat. Ein Krieg, der sich zunächst im Internet, im Fernsehen und in Zeitungen etc. abspielte, endete mit Demonstrationen, die zwei Tage anhielten, vom 21. bis 22. August. Es gab bittere Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden so genannten Verbündeten.

 

Während COSATU Mitte der neunziger Jahre bekanntlich gesagt hat: “Wir sind nicht gegen Privatisierung an sich!”, hat dieser Verband sich jetzt als “Streiter” gegen diese Maßnahme hervorgetan. Das ist das Ergebnis von entschlossenen Kämpfen in den fünf größten Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes, die die Regierung in den Fragen von Löhnen, Personalabbau, Streichung von Sozialausgaben und auch der Privatisierung herausgefordert haben.

 

Die öffentlichen gegenseitigen Beschuldigungen von COSATU und der Mbeki-Regierung führten dazu, dass ihr dritter Bündnispartner, die revisionistische SACP, mit offenem Mund da stand, aber nichts zu sagen wusste!

 

All diese und weitere Entwicklungen führen dazu, dass den Arbeitern und der mittleren Führungsebene von COSATU und anderen Verbänden langsam die Tatsachen klar werden, was es heißt, mit der Neo-Apartheid-Regierung verbündet zu sein.

 

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Die bisherige Unterstützung der Neo-Apartheid-Regierung und die gegenwärtige Nähe zu dieser liegt wie eine schwere Last auf den Schultern der Führer von Bürgerrechtsorganisationen wie der South African Civic Organisation (SANCO; Südafrikanische Nationale Organisation für Bürgerrechte). Und zwar aus folgendem Grund: Diese Organisationen haben zu Anfang ihrer Arbeit in den Jahren der Apartheid das Volk verteidigt, nun aber müssen sie entweder der Regierung helfen, die armen und niedergedrückten Massen in den Townships zu bestehlen, oder die Führer dieser Organisationen müssen sich gegenüber den ständig sich verschlechternden Lebensbedingungen der niedergedrückten Massen blind stellen oder wenigstens versuchen, Vernunftgründe für etwas zu finden, wofür es keine Vernunftgründe gibt.

 

Zur Zeit übt die Regierung Druck aus auf die Massen in den Townships, damit diese die unverschämt hohen Gebühren für Wasser und Elektrizität bezahlen, ebenfalls für sanitäre Anlagen und weitere unbekannte, den Menschen gar nicht erklärte Gebühren. Das hat dazu geführt, dass viele Haushaltungen mehr als 20.000 Rand allein für Wassergebühren schuldig sind.

 

Um all das noch schlimmer zu machen, stellen Regierungsangestellte manchen Häusern Wasser und Strom ab. Die Leute haben dann manchmal so reagiert, dass sie diese Angestellten verprügelten und Demonstrationen zur Stadtverwaltung machten mit der Forderung, solche Schikanen zu stoppen, die nämlich noch schlimmer sind als das, was die rassistische Minderheitsregierung gemacht hat. Solche Probleme und noch mehr darüber hinaus – wie z. B. der Abbruch von Hütten mit der Folge, dass die Menschen draußen in der Kälte stehen, und die Zwangsvertreibung von sog. Regierungs- und privatem Land – machen es für die traditionellen Bürgerrechtsorganisationen (den NGOs) schwieriger, die Massen von den guten Absichten der neokolonialistischen Mbeki-Regierung zu überzeugen. Es gibt ständig Spaltungen in diesen Organisationen, und die Situation wird immer fruchtbarer für die revolutionäre Arbeit, die Massen zu führen.

 

Die Strukturen des rassistischen Erziehungswesens sind noch intakt, was die Schulen in den Townships im Unterschied zu denen in den Vororten betrifft.

 

In der gesamten südafrikanischen Gesellschaft, nicht nur in der Arbeiterklasse, bei den Industriearbeitern, sondern auch zwischen dem Volk und dem neokolonialen Regime entwickeln und verschärfen sich heute sogar die Widersprüche .

 

Abschließend ist festzustellen, dass sich die südafrikanische Gesellschaft zur Zeit im Prozess einer schnellen Polarisierung der Klassen befindet, mit einem Schwerpunkt auf den Widersprüchen zwischen der zu einer Kompradorenklasse sich entwickelnden neuen schwarzen Elite und dem übrigen Volk einschließlich der nationalen Bourgeoisie und dem Kleinbürgertum.