Die Entwicklung im EU-Kleinstaat Luxemburg

 

(Länderbericht)

 

Bei der Erklärung der Situation und Entwicklung Luxemburgs, müssen wir von der nationalen Besonderheit der Kleinstaatlichkeit, einem historischen Produkt der innerimperialistischen Widersprüche in Europa ausgehen. Obschon Luxemburg ein kapitalistisch-imperialistisches Land ist, ist die luxemburgische Bourgeoisie aufgrund des schwachen nationalen Kapitalismus gezwungen, Luxemburg als Dienstleistungsbetrieb für die europäischen Monopol- und Finanzkapitalisten zu positionieren.

 

Einige Beispiele verdeutlichen dies: Mit der SES-Gesellschaft ist Luxemburg der Sitz der größten Satellitengesellschaft der Welt. Mit Bertelsmann-CLT/UFA hat auch eine der größten Mediengesellschaften ihren Sitz in Luxemburg, genauso wie zahlreiche Reedergesellschaften, womit Luxemburg, das zwar selbst an kein Meer grenzt, eine der größten Meeresflotten der Welt hat. Diese Praktiken finden wir auch im Transportverkehr wieder oder auch im militärischem Bereich, wo die AWACS-Flugzeuge der NATO unter luxemburgischer Flagge fliegen. Mit der NEWCO, die jetzt im Herbst gegründet wird, entsteht die weltweit größte Stahlgesellschaft. Rund 110 000 Menschen werden bei dieser Gesellschaft, die mit 5 % an der Weltstahlproduktion beteiligt ist, beschfäftigt sein. Die NEWCO, die aus einer Fusion von ARBED, USINOR und ACERALIA hervorgeht, hat gemäß dem Briefkastenprinzip und der Steuern wegen, ebenfalls ihren Sitz in Luxemburg.

 

Als weitere Dienstleistung für den EU-Imperialismus ist Luxemburg der Sitz zahlreicher EU-Institutionen, wie der Europäische Gerichtshof, der Rechnungshof, die Europäische Investitionsbank,  usw.

 

Die größte Dienstleistung für den EU-Imperialismus und für das internationale Kapital aber besteht im Finanzbereich. Im vergangenen Jahr verfügten die 202 in Luxemburg ansässigen Banken, bei denen 23 000 Leute beschäftigt sind, darunter 4000 höhere Kader, über eine Bilanzsumme von 647,7 Milliarden EURO. Über 14 000 Holdinggesellschaften verfügten über ein Kapital von 41,3 Milliarden EURO. Damit ist Luxemburg der 8. größte Finanzplatz der Welt.

 

Es ist ein Paradies für Spekulanten, Finanzakrobaten, Parasiten, Betrüger und Steuerflüchtige, Kirchen, Sekten, Drogen- und Waffenhändler, korrupte Staatsmänner und alle möglichen Kriminellen aus aller Welt. Die Dienstleistung beruht auf dem Bankgeheimnis, der steuerlichen Belohnung und dem Weißwaschen von illegalen Gelder.

 

Luxemburg ist ein wahrer Sumpf, was die immer zahlreicheren Affären aussagen, von denen wir nur einige erwähnen wollen.

 

- Affäre Sani Abacha: Vor  dem Verwaltungsgericht in Luxemburg führt die Familie des inzwischen verstorbenen nigerianischen Ex-Militärdiktators einen Prozess gegen die Beschlagnahmung von 25 Milliarden Franken bei der deutschen Bank M.M.Warburg&CO KGaA in Luxemburg. Dieses Geld wurde erst auf Betreiben der jetzigen nigerianischen Regierung beschlagnahmt.

 

Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, ist ölreich und wird von internationalen Multis wie SHELL ausgeplündert. Zu Zeiten des 1998 verstorbenen Diktators hatten dessen Einwohner gerade mal ein Jahreseinkommen von 300 Dollar zum Leben.

 

- Affäre Nadhmi Auchi:  Im Zusammenhang mit der ELF-Bestechungsaffäre läuft gegen den Iraker Nadhmi Auchi ein Haftbefehl. Auchi ist Gesellschaftler der General Mediterranean Holding mit Sitz in Luxemburg, in dessen Verwaltungsrat niemand anders sitzt, als der ehemalige Präsident der EU-Kommission  Jacques Santer.

 

- Affäre KB Lux: Diese Affäre begann bereits 1993 als mehrere führende Kader in das Weißwaschen von Drogengelder des Cali-Kartells verwickelt waren. Als Rache veröffentlichten sie eine Liste von tausenden von Klienten (vor allem aus Belgien), die anonyme Konten bei der KB Lux hatten. Daraufhin wurde im Oktober 1997 der Generaldirektor Damien Wigny in Brüssel von den belgischen Behörden als Mitglied einer kriminellen Bande verhaftet.


 

- Affäre - Clearstream:  Bei dieser Affäre handelt es sich, sollten die Vorwürfe stimmen, ganz einfach um die weltweit größte Aktion zum Weißwaschen von illegalen Geldern

 

Es gibt auf der ganzen Welt fast kein Krimineller, der nicht auch vom Dienstleistungsplatz Luxemburg profitiert: Ob  der flüchtige peruanische Geheimdienstler Montesino, der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmuth Kohl, die Gruppe um Osama Bin Laden., die russische Mafia...usw.. alle haben sie in Luxemburg die gleichen Interessen.

 

Es sind u.a. auch diese Affären, die dazu beitragen, dass der Finanzplatz mit 20 % am Bruttoinlandsprodukt beteiligt ist. Der Kleinstaat Luxemburg führt damit eine parasitäre Existenz, der anstatt an der Entwicklung einer wahren Volkswirtschaft nur am Kasinokapitalismus interessiert ist mit den Konsequenzen der Affären, der Korruption und der Verschwendung. Wir erleben einen parasitären faulenden Kapitalismus.

 

Es ist dieser Parasitismus, der dazu führt, dass Luxemburg mit einem PIB pro Kopf von 46 800 EURO (2000) das reichste Land der Welt ist. Davon profitiert aber ausschließlich die Bourgeoisie und nicht die Werktätigen oder das Volk. Denn eigentlich müsste das reichste Land der Welt ja auch das glücklichste Volk der Welt haben. Dem widerspricht aber die traurige Realität im sogenannten reichsten Land der Welt: Ein immer größeres Drogen- und Alkoholismusproblem, eine hohe Zahl von Selbstmorden, steigende Zahl bei den  Scheidungen, eine unerträgliche gesellschaftliche Hypokrisie und menschliche Isolation, sind nicht das Resultat von verschwenderischen Reichtum, sondern eher von der Verschlechterung der allgemeinen Arbeits- und Lebensbedingungen.

               

Dafür sorgen vor allem die Angriffe der Kapitalisten, die im Rahmen ihrer Flexibiliserungsoffensive keine Gelegenheit auslassen, um zur Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse beizutragen. Diese Politik wurde nicht nur von der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie anerkannt,  sondern sogar gesetzlich verankert (PAN-Gesetz vom 12.2.1999). Zunehmende Ausbeutung, der Anstieg der Mindestlohnbezieher, der Leiharbeit und der Arbeitslosigkeit sind die Folgen. Rund 5 % der Gesamtbevölkerung gelten offizell als verarmt.

 

Während die Kapitalisten selbst für die Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse sorgen, ist für die Verschlechterung der allgemeinen Lebensbedingungen die EU-Komission und die luxemburgische Regierung als deren lokaler Interessenvertreter zuständig. Dies mittels einer Sozialpolitik, die für das "reichste" Landes der Welt merh als beschämend ist. Luxemburg, von den napoleonischen Truppen noch als das Département der Flüsse und Wälder bezeichnet wurde, oder vor kurzem noch als das grüne Herz Europas dargestellt, leidet immer mehr am Herzinfarkt durch die Euro-Transitstrecken für den Güterverkehr der EU-Kapitalisten, was für die Regierung zwar wieder einen Menge Einnahmen mit sich bringt, für die Menschen aber eine alltägliche und immer unerträglicher werdende Verschlechterung der Lebensqualität.

 

Auch im Gesundheitsbereich sind Verschlechterungen an der Tagesordnung, ebenso wie im Rentensektor, wo es einen Abbau im Öffentlichen Dienst gab und im Privatsektor trotz eines nationalen Rententischs eben doch keine wirklich substantiellen Verbesserungen. Im Schulbereich müssen mangels Schulgebäuden rund 10 % aller Schüler in sogenannten Container sitzen, und es mangelt ebenso an Kindergartenplätzen, wie auch an Alters- oder Pflegeheimplätzen. Viele alte Menschen sind gezwungen im nahen  Ausland zu sterben, weil es für sie im "reichsten Land der Welt" zu teuer ist. Aber nicht nur das Sterben ist teuer in Luxemburg, auch das Wohnen wird immer unbezahlbarer. So hat der  Finanzplatz in Luxemburg gegenüber dem Grenzausland zu einer Verdreifachung der Bauland- Bau- oder Mietpreise geführt.

 

Die mangelnden Sozialleistungen stehen in einem krassen Gegensatz zu den steigenden Rüstungsausgaben im Rahmen der Beteiligung an den Kriegsvorbereitungen der EU. Die Schaffung einer eigenen EU-Armee wird auch von Luxemburg in einer noch nie dagewesenen Rüstungsanstrengung unterstützt. So beteiligt Luxemburg sich daran durch die Anschaffung eines Kriegsflugzeuges, sowie eines gemeinsamen Kriegsschiffes mit Belgien.

               

Was den Klassenkampf anbelangt, so ist er realtiv unterentwickelt. Das erklärt sich hauptsächlich aus drei Faktoren:

 

·       durch die zersplitterte Industriekultur mit wenig Großindsutrie, viel Klein- uund Mittelindustrie, breiten kleinbürgerliche Schichten und eine nicht zusammengeschweißte Arbeiterklasse.

 

·       durch eine verzerrte Struktur der Bevölkerung und der Werktätigen, die sich aus der nationalen Besonderheit der Kleinstaatlichkeit ergibt.  Von 440 000 Einwohner sind 37 % Ausländer, in der Hauptsache Werktätige, die keinen Bezug zur Geschichte des lux. Volkes haben.. Von den insgesamt 245 000 Werktätigen sind über die Hälfte Immigranten sowie 90 000 Grenzgänger. Letztere sind nicht in der politischen Gesellschaft Luxemburgs eingebunden und leben im Widerspruch zwischen ihren wirtschaftlichen Interessen in Luxemburg und ihren politischen Interessen in den Grenzländern.

 

·       durch die Politik der institutionalisierten Form der Klassenkollaboration in der sogenannten Tripartite, einem Organ aus Gewerkschaftsbürokraten, Regierungsvertretern und Kapitalisten.

 

Trotzdem gibt es immer wieder sproradische Kämpfe, die aber meist isoliert und kurzweilig sind. Doch darüberhinaus führt die Politik der Angriffe der Kapitalisten, sowie die Politik der EU und der Regierung zu einer Verschlechterung der Arbeits- und Lebensbedingungen in Luxemburg und somit auch zu einem immer größeren Misstrauen und darüberhinaus auch zu  einer immer größeren Infragestellung des kapitalistischen Systems. Insbesonders in der Jugend ist angesichts der Perspektivlosigkeit des Kapitalismus eine oppositionelle Stimmung  entstanden.

 

Die Kommunistische Organisation Luxemburg, versucht dieses wachsende Misstrauen in die klassen- und volkskämpferische Perspektive des Sozialismus zu lenken. Kleinstaatlich bedingt, kann die Vorbereitung und Durchführung der sozialistischen Revolution allerdings nur unter der Berücksichtigung der nationalen und der internationalen Bedingungen erfolgen, also im Rahmen der europäischen Gesamtentwicklung.

 

Verwandeln wir deshalb Luxemburg in einem Dienstleistungsbetrieb für die Revolution in Europa. !

 

 

Für ein sozialistisches Luxemburg in einem sozialistischen Europa !