Länderbericht Bangladesch

 

Ich möchte nicht wiederholen, was in den früheren internationalen Konferenzen über die sozio-ökonomischen Bedingungen und die politische Geschichte Bangladeschs berichtet worden war. Kurz, unser Land ist ein abhängiges Land und die herrschende bürgerliche Klasse hat Kompradorencharakter. In der Landwirtschaft existieren halbfeudale Verhältnisse. Es gibt keinen Großgrundherren. Aber die halbfeudalen Verhältnisse existieren hauptsächlich in der Form des Pachtsystems und landwirtschaftschaftlichen Wuchers.

Der Kapitalismus drang langsam vor, aber die Landreform ist nach wie vor der entscheidende Punkt für die Emanzipation der Bauernschaft und der Massen auf dem Land und auch für die wirtschaftliche Entwicklung und revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft.

 

In den letzten 10 Jahren brach unsere traditionelle Industrie, die große und mittlere Jute- und Baumwollindustrie, praktische zusammen. Das war für unsere Partei ein großer Verlust, da wir dort die führende Kraft waren. Parallel zum Prozess der Deindustrialisierung erschienen kleine Fabriken, die sich im Besitz der neu entstandenen einheimischen Bourgeoisie befinden, welche in verschiedener Weise mit dem ausländischen Finanzkapital und den multinationalen Konzernen verbunden und von ihnen abhängig sind. Gegenwärtig ist die exportorientierte Konfektionsbekleidungsindustre die wichtigste Industrie. Diese Produktion ist abhängig von den Bestellungen der großen US-amerikanischen und europäischen Gesellschaften. Unsere Fabriken sind so etwas wie Schneidereien. In diesem Bereich sind jedoch 1,3 Millionen Menschen beschäftigt, 80% davon sind junge Frauen. Diese Fabriken befinden sich meistens in der Hauptstadt und ihrer Umgebung. Wir meinen, dass diese Arbeiter in der Kleidungsindustrie ein großes revolutionäres Potential besitzen, obwohl gegenwärtig weniger als 5% organisiert oder gewerkschaftlich organisiert sind. Es soll erwähnt werden, dass in unserer Strategie der volksdemokratischen Revolution, die Arbeiterklasse ,obwohl sie zahlenmäßig im Vergleich zur Bauernschaft klein ist,eine führende Rolle spielen wird  und zwar nicht nur ideologisch durch unsere Partei, sondern auch durch ihre direkten praktischen Aktivitäten. Das Bündnis zwischen Arbeitern und Bauern wird jedoch die Grundlage der Revolution sein. Wir vertreten die Strategie des Aufstandes in den Städten gefolgt vom Aufstand auf dem Lande. Wir haben diese Strategie aufgenommen unter Berücksichtigung der konkreten sozio-ökonomischen, historischen und geographischen Bedingungen unseres Landes.

 

In Bangladesch haben die Menschen nie eine bürgerliche Demokratie erlebt, obwohl es seit 1990 ein parlamentarisches System gibt nach dem Sturz der Militärdiktatur durch den Volksaufstand. Danach fanden drei Wahlen statt. Zwei große bürgerliche Parteien kamen abwechselnd an die Macht. Am 1. Oktober fanden Wahlen statt. Die bisherige Regierungspartei erlitt eine schwere Niederlage. Die besiegte Partei erklärte jedoch, dass sie nicht ins Parlament gehen werde, da sie von einem Wahlbetrug ausgeht. Es ist jedoch wahr, dass die Menschen für einen Wechsel stimmten. Wahlbetrug oder angeblicher Wahlbetrug, der Boykott des Parlaments durch die Opposition oder sogar der Rückzug aus dem Parlament durch die gesamte Opposition, Morde, Bombenanschläge in öffentlichen Versammlungen, rücksichtslose Unterdrückung (nicht nur der Werktätigen, Linken und Kommunisten) der bürgerlichen Oppositionsparteien, indirekte militärische Interventionen etc. sind allgemeine Erscheinungen. Die bürgerliche Demokratie steckt deshalb in einer Dauerkrise. Die großen bürgerlichen Parteien stehen an der Seite der USA und sie unterscheiden sich nicht voneinander was das Wirtschaftsprogramm betrifft. Vor ganz kurzer Zeit verlangte die US-Regierung, dass unser Luftraum, Land und unsere Häfen für den Einsatz der US-Armee falls notwendig zur Verfügung gestellt werden sollen im Kampf gegen Afghanistan. Das ist weit weg von Bangladesch. Die Regierung und alle bürgerlichen Parteien stimmten dem eifrig zu. Nur unsere Partei zusammen mit einigen anderen linken Parteien und einigen wenigen islamischen Parteien verurteilten das (unabhängig voneinander). Unsere Partei organisierte Demonstrationen zum Protest gegen die Regierungsentscheidung. Die größte muslemisch-fundamentalistische Partei, die der kürzlich gewählten Regierung beigetreten ist, hat sich in Schweigen gehüllt und sich weder dafür noch dagegen ausgesprochen.

 

Die Einmischung der USA ist in unserem Land sehr offen. Z.B. schlug die US-Botschafterin vor unseren Nationalwahlen offen vor, was das Programm der ersten hundert Tage der neu gewählten Regierung sein sollte. Die Botschafterin hatte die Kühnheit zu verlangen, dass ihre Vorschläge im Wahlmanifest enthalten sein sollten und die großen Parteien trafen sich mit der Botschafterin und stimmten ihrem Vorschlag zu.

 

Die Regierung von Bangladesch hat einen Vertrag mit einem US-Unternehmen fast schon fertig gestellt, für 198 Jahre Land zu verpachten für den Bau eines Seehafens neben unserem alten Hafen (der alte Hafen wird dann schließlich verschwinden). Unsere Partei und 22 Gewerkschaftsorganisationen organisierten mehrere Generalstreiks im Distrikt Chittagong (wo sich der Seehafen befindet) gegen die Politik der Übergabe von Land und Seehafen. Die Hafenarbeiter haben für die gleiche Sache agitiert und auch gestreikt.

Unsere Gasfelder sind bereits an mehrere US-Firmen sowie an eine britische und eine irische Firma übergeben worden zu Bedingungen, die äußerst nachteilig sind für unsere nationalen Interessen. Wir haben dagegen agitiert. Aber ich muss zugeben, dass unsere Partei und andere Linke so schwach sind, dass sie dieser imperialistische Plünderung keinen Widerstand entgegensetzen konnten. Die meisten der bekannten Intellektuellen unseres Landes wurden in der einen oder anderen Weise an die Imperialisten verkauft.

 

Unsere unmittelbare politische Aufgabe ist es, die bürgerlichen Parteien zu entlarven, der imperialistischen Ausplünderung entgegenzutreten und eine Kampagne zu machen für ein wirkliches Volksprogramm, das den wesentlichen Inhalt der demokratischen Volksrevolution enthält. Der anti-imperialistische Kampf muss auch im internationalen Maßstab koordiniert und geplant werden.

 

Es gab viele Bauernbewegungen für Land und andere Forderungen, an denen wir beteiligt waren. Diese Bewegungen gab es nur in bestimmten Gebieten. Es gab Arbeiterbewegungen, besonders die Arbeiterbewegung in der Bekleidungsindustrie. Diese waren meist spontan und sehr kämpferisch. Aber unglücklicherweise konnten wir in den meisten Fällen nicht einmal einen Kontakt herstellen, geschweige denn diese Bewegungen führen und anleiten. Es ist dringend notwendig, engere Kontakte herzustellen und die kämpferischen Aktivisten zu politisieren.

 

Es besteht die Möglichkeit für einen revolutionären Aufschwung. Aber wie ihr wisst, kann das nicht automatisch geschehen. Ich habe offen unsere Mängel aufgezeigt. Aber diese müssen überwunden werden. Das ist unsere Aufgabe. Wir müssen unsere Partei und auch die kämpfenden Massen politisch, ideologisch und organisatorisch vorbereiten.

 

Zuletzt möchte ich auf die vom Ausland finanzierten NGOs eingehen, die sehr aktiv sind und eine sehr gefährliche Rolle spielen. Sie haben ein riesiges Netzwerk und riesige finanzielle Mittel. Sie kritisieren einige Aspekte unserer Gesellschaft, aber vertreten eine kleinbürgerlich-reformstische Alternative, mit der sie versuchen, die Illusion zu erzeugen, dass die Armut innerhalb des gegenwärtigen Systems beseitigt werden könne. Um den wirklichen Volkskampf voranzubringen, ist es von größster Bedeutung, die NGOs zu bekämpfen und ihre Rolle zu entlarven.

 

Die muslemischen Fundamentalisten stellen in unserer Gesellschaft eine ständige Plage dar. Er ist aber noch nicht so stark wie in anderen muslemischen Ländern, obwohl er zum ersten Mal an der kürzlich gebildeten Regierung in kleinem Umfang beteiligt worden ist. Der religiöse Kommunalismus und Fundamentalismus ist jedoch ein gefährlicher Feind des Klassenkampfes und sozialen Fortschritts. Das muss bekämpft werden. Das muss gemacht werden, indem all säkularen Kräfte in den südasiatschen Ländern in dieser besonderen Frage zusammengeschlossen werden.